Wer Anfang 2014 als Zuschauer_in an einem Prozess in Gronau (NRW) gegen eine Anti-Atom-Aktivistin teilnehmen wollte, musste sich am Einlass des Amtsgerichts Polizeikontrollen unterwerfen. Die Polizeikräfte waren vom zuständigen Richter zur Amtshilfe angefordert worden, um die Sicherheit im Saal zu garantieren. Auf um Datenschutz besorgte Nachfragen wurde versichert, die aufgenommenen Personalien würden nur für den Fall etwaiger Störungen notiert und nach der Verhandlung umgehend vernichtet. Offensichtlich handelte es sich dabei um eine dreiste Lüge. Ein Zuschauer der damaligen Verhandlung stellte Anfang 2015 ein Auskunftsersuchen beim LKA Schleswig-Holstein, was dort über ihn gespeichert sei. Ihm wurde daraufhin mitgeteilt, der Abteilung für politisch motivierte Kriminalität läge ein Bericht über seine Teilnahme an der Gerichtsverhandlung 2014 in Nordrhein-Westfalen vor. Dieser würde aus präventiven Gründen gespeichert.
Zeitgleich lehnt das Verwaltungsgericht Münster eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einlassverfügung des Gerichts auf dem Klageweg ab. Es handle sich dabei um Maßnahmen, die sich nur auf das konkrete Verfahren bezögen. Und dagegen sei Klage unzulässig. Damit verkennt das Gericht die weit über das konkrete Verfahren hinausreichende abschreckende Wirkung der Maßnahme, die ganz direkt polizeiliches Datensammeln befördert und so massiv die Öffentlichkeit abschreckt, als Publikum an Verfahren teilzunehmen.
„Das beängstigende an solchen Vorgängen ist doch eigentlich, dass Meldungen wie diese uns nicht mehr beängstigen, weil sie alltäglich geworden sind. Wer angesichts dessen von einem „Überwachungsstaat“ spricht wird milde belächelt. Nicht erst jetzt, aber jetzt erst recht, ist es Zeit, wütend zu werden und dem Staat zu zeigen, was wir von dieser Scheiße halten.“ so Hanna Poddig, die Beschwerde gegen die Ablehnung ihrer Klage eingelegt hat.